Lernen im Spannungsfeld zwischen Individualisierung, Technisierung und Institutionalisierung

Rainer Fischbach

7. Buckower Mediengespräche, 24.-25. Oktober 2003

Kurzfassung

Individualisierung und Technisierung sollen das Lernen umwälzen. Die komplementären Schlüssel dazu seien Multimedia und Medienkompetenz. Dies soll die Institutionen des Bildungssystems wie auch des Arbeitsmarkts entlasten: In Zukunft verantworte das Individuum die Nichtverwertbarkeit seiner Arbeitskraft allein.

Dabei gerät aus dem Blick, dass nicht nur die gesellschaftliche Akzeptanz von Technik zwangsläufig zu Institutionen im Sinne von Ensembles stabiler und reflexiv vergewisserbarer, reziproker Verhaltensmustern führt, sondern auch die Produktion und Reproduktion von Wissen und Verhaltensmustern ein durch Institutionen stabilisierter gesellschaftlicher Prozess ist: ihre Quellen, Filter und Garantoren liegen nicht in einem Individuum allein. Das Individuum nur auf das Paar Medien und Medienkompetenz zu verweisen, bedeutet, es systematisch zu überfordern und von den Quellen des Wissens abzuschneiden.

Der verdinglichte Wissensbegriff, der hinter den Erwartungen an Medien und Medienkompetenz steht, resultiert in einem Verlust der Maßstäbe und damit in der Inflation des Belanglosen ebenso wie in der regressiven Selbstbeschränkung und Abhängigkeit von fragwürdigen Autoritäten. Ein erster Schritt zur Umkehr aus der Sackgasse in die die Diskussion über das Wissen geraten ist, wäre eine Selbsreflexion des Wissens, die seine gesellschaftlichen Voraussetzungen nicht ausblendet.